Voller Hoffnung steht ein kleines Mädchen am Tor zu einer Welt der unbegrenzten Möglichkeiten. Es heisst, sie könne werden, wer sie will, leben, wie sie möchte, tun, wonach ihr ist – wofür wird sie sich entscheiden?
In ihrer neuen Single «A Modern Tale» thematisiert Veronica Fusaro Versprechen, die sich in Forderungen verwandeln, sowie das heillose Verlorensein im Strudel der Optionen und Ratschläge. Sie beschreibt die Herausforderung, Idealen und Wertvorstellungen der heutigen Gesellschaft gerecht zu werden, ohne sich dabei selber zu verlieren.
Wie das moderne Märchen ausgeht, verrät die Thuner Singer-Songwriterin nicht. Doch sie zieht die Möglichkeit der endgültigen Resignation in Betracht. Währenddessen klingt der Song, den Veronica Fusaro auf der Gitarre komponiert hat, bis zum Ende leicht und voller Zuversicht. Genauso verhält es sich mit Verlockungen: sie sind süss und schön, wirken anziehend und harmlos – doch blind trauen sollte man ihnen nicht. Anfang des Jahres stieg ihr Debütalbum «All The Colors of the Sky» direkt in die Top Ten der Schweizer Charts ein. Seither beschert Veronica Fusaro ihren Fans im In- und Ausland einen magischen Live-Moment nach dem andern. Diesen Sommer wird die Musikerin unter anderem am Montreux Jazz Festival, am Gurtenfestival in Bern oder am sous les étoiles Festival in Sion zu sehen sein, um das erfolgreiche Jahr nach zahlreichen Herbstdaten mit einem Konzert im Zürcher Kaufleuten ausklingen zu lassen.
(deepdive records / RaRC)
2. Single: „Weekend“
Album: „All The Colors Of The Sky“
Kaum zu glauben, dass es sich bei «Summer Lightning» um einen Trennungssong handelt. Darum, dass die Gefühle in einer Beziehung längst erloschen sind, während die Erkenntnis dessen viel zu lange auf sich warten liess. Zu entspannt und voller Zuversicht kommt die Popnummer daher – wie in buntes Geschenkpapier gewickelte Traurigkeit, wie Veronica Fusaro im Refrain singt. Mit einer Stimme, die klingt, als würde sie lächeln.
Der Song fokussiert auf den Neubeginn, lässt an einen Tanz über dampfenden Asphalt denken, obwohl der Regen noch gar nicht vorüber ist. Wolken werden sich lichten, will der Text sagen, und den Blick auf den blauen Himmel und den wärmenden Sonnenschein irgendwann freigeben. Es ist okay, wenn zwei Menschen herausfinden, dass sie ganz einfach nicht füreinander gemacht sind. Es ist eine Chance für neues Glück.
«Summer Lightning» ist nach «Fool», «Better With You» und «Beach» ein weiterer Vorgeschmack auf das Debütalbum, das am 20. Januar 2023 erscheinen wird. Ein weiterer Song, der zeigt, wie gerne Veronica Fusaro spielt – mit Genres, Rhythmen, Kontrasten zwischen Text und Melodie und musikalischen Einflüssen aus der ganzen Welt. Die Künstlerin, die 2016 mit ihrer selbstproduzierten EP «Lost In Thought», ihrer Stimme und ihrer Natürlichkeit alle Aufmerksamkeit auf sich zog, bewegt sich frei wie eh und je. Und auch das ist nach einer Karriere mit Auftritten am Glastonbury, am Eurosonic Festival oder als Support-Act von Mark Knopfler oder Eagle-Eye Cherry erfrischend wie ein Sommergewitter.
Text: Miriam Lenz
BIOGRAFIE 2022/23
Veronica Fusaro hätte es sich einfacher machen können. Ihre Stimme ist ein Selbstläufer, es gibt kaum einen Medienbericht, in dem diese nicht als «grossartig» hervorgehoben wird. Sie könnte sich mit ihrer Gitarre hinsetzen, einfachste Lieder singen und man wäre überwältigt. Überhaupt hat die Künstlerin, die seit der Veröffentlichung ihrer selbstproduzierten EP «Lost In Thought» 2016 am Glastonbury, am Eurosonic Festival oder als Support-Act von Mark Knopfler oder Eagle-Eye Cherry begeisterte, bei ihren Fans längst einen Stein im Brett. Ihre EPs «ICE COLD» (2018) und «Sunkissed» (2019) erreichten beide Charts-Platzierungen.
Doch Veronica Fusaro will mehr, sie will «All the Colors of the Sky», wie ihr Debütalbum treffend heisst. Ihre Songs sollen mehr sein als eine blosse Kombination von Stimme und Melodie, die Arrangements nuancenreicher – wie der Himmel eben, der nie einfach nur blau oder grau ist. Fusaro vereint unterschiedliche Einflüsse, kombiniert knackige Rhythmen mit Harmonien, so schwungvoll wie Pinselstriche. Die Songs pendeln von leichtfüssig bis schwerfällig, immer wieder tauchen Instrumente oder stimmliche Finessen auf, mit denen man noch zwei Takte vorher nicht hatte rechnen können. Die Möglichkeiten, die die Musikerin auslotet, bleiben aber immer im Bereich des Rohen und Schlichten. In gewissen Momenten erinnert der frische, mal bluesige, mal soulige Sound an Sommernächte im Süden. Und dann wieder an Filmmusik. «All the Colors of the Sky» ist für alle zugänglich und schwebt trotzdem weit über dem Mainstream.
Man spürt, dass Veronica Fusaro ihren Erstling mehrheitlich in ihrem Kellerstudio geschrieben hat, fernab von Lärm und visuellen Reizen. Von da aus konnte die Künstlerin gleichzeitig einen ruhigen Blick auf „the modern world of ours“, wie sie es nennt, und in ihr eigenes Inneres werfen. Sie spricht allen Menschen aus der Seele, die mit Zeiterscheinungen wie Informationsflut, Erfolgsdruck und Idealen ringen.
Das Schöne an „All the Colors of the Sky“ ist das grosse Aber, das sich durch das gesamte Album zieht und die harten Seiten des Lebens in einen hoffnungsvollen Kontext setzt. „Don’t be so hard on yourself“ heisst ein Track, den Veronica Fusaro an sich selbst richtet. Sei nicht so streng mit dir, die Ermahnung funktioniert auch auf die gesamte Gesellschaft angewendet. Laut Fusaro leben viele „nur noch fürs Wochenende“ und vergessen, das Glück im Moment zu finden. Dabei lässt sich selbst in einem Beziehungsaus ein gewisser Zauber finden. Dafür steht «Summer Lightning», ein Trennungssong, der alles andere als in Jammerlaune versetzt. Und auch «Cry Me an Ocean» hat den Effekt eines Mittelfingers in Richtung Vergangenheit, nachdem der Befreiungsschlag erfolgt ist. Er klingt nach einem wohltuenden Ende einer unglücklichen Geschichte und nicht nach Schmerz. «Grey Colored Sky», eine persönliche und unglaublich starke Ballade, die von allen Songs auf dem Album wohl am meisten unter die Haut geht, handelt von Heilung. Veronica Fusaro ist eine Inspiration für all diejenigen, für die die Welt hin und wieder zusammenbricht. «All the Colors of the Sky» macht Mut und Lust darauf, in einem Ende immer auch einen Neubeginn zu sehen. Oder in der Sprache von Veronica Fusaro gesprochen: im schwarzen Nachthimmel bereits die Morgenröte.
Niemand kann den Mood dieses beeindruckenden Debütalbums besser beschreiben als die Künstlerin selbst. «Ich verpacke gerne melancholische Gefühle in buntes Geschenkpapier», sagt sie. Und wenn wir schon bei Kontrasten sind, dann sei es ausnahmsweise erlaubt, der Einzigartigkeit, die Fusaros Musik innewohnt, eine der abgedroschendsten, in diesem Fall aber für einmal sehr treffenden Floskel gegenüberzustellen: «All the Colors of the Sky» ist ein richtig reifes Werk.
Am Handgelenk trägt Veronica eine Tätowierung, subtil wie ihre Lieder: einen kleinen Neumond. «Ich bin ein Nachtmensch», sagt sie. «Die Nacht faszinieret mich. Wenn man die Sterne und die Milchstraße sieht – da geht für mich der Raum zum Denken und Träumen auf.» Umso erstaunlicher ist es, dass sie mit ihrer sonnigen neuen Single die Freuden eines Morgens besingt. Allerdings ist es ein ganz besonderer Morgen: «Ganz sanft wird man wach, Sonnenstrahlen kommen durch den Vorhang, schon jetzt ist es schön warm, und die Bettdecke riecht frisch, denn sie kam erst gestern aus der Wäsche. Und neben dir der Mensch, der den Moment perfekt macht…»
Im ersten Lockdown kam Veronica Fusaro kaum dazu, sich um ihre Muse zu kümmern. Neben dem Frust, dass ihre vielen Pläne plötzlich alle vom Winde verweht waren, gab es unglaublich viel zu erledigen. «Ich saß tagtäglich am Laptop, aber nicht für Musik, sondern für Mails und alles andere rundum.» Während punkto Musik die Handbremse gezogen sein mochte, öffnete sich im restlichen Leben dennoch das eine oder andere Türchen. So geschah es dann im tiefsten Dezember, dass die Künstlerin von der Inspiration gepackt wurde und ihr innert kürzester Zeit, fast in einem Guss, ein neues Lied aus den Fingern floss. «Es tat mega-gut, diesen Song zu schreiben», sagt sie. «Es war eine so lange Zeit gewesen ohne Musik. Ich singe ihn wahnsinnig gern. Er ist ganz locker, nichts ist erzwungen, mein erstes richtiges Liebeslied, ohne Achterbahn und Komplikationen. Einfach mal nur schön. Einfach mal nur gut…»
Nach den Singles «Fool» und «Beach» serviert «Better With You» – produziert wie schon «Lie to Me» von Jamie Ellis – einen weiteren Vorgeschmack auf das langersehnte Debüt-Album, das im Herbst erscheinen soll.
Text: Hanspeter Kuenzler